UV Kiel macht sich stark für Angabe des ausstellenden Arztes in eAU

Hintergrund

Seit Einführung der eAU ist für Arbeitgebende nicht mehr zu erkennen, welcher Arzt mit welcher Fachrichtung an welchem Standort eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat. Das prangern wir an und setzen uns für die Interessen unserer Mitglieder ein. 

Die Leiterin unserer Rechtsabteilung, Martina Geest, hat nachfolgende Kritik im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im AOK Regionalbeirat eingebracht: 

Die Identität der ausstellenden Praxis kann für Arbeitgeber ein wichtiges Indiz sein, um berechtigte Zweifel am Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeit zu erheben. Beispielsweise dürfte man den Beweiswert hinterfragen dürfen, wenn ein männlicher Kieler Produktionsmitarbeiter von einer Berliner Frauenarztpraxis krankgeschrieben wird. Ein Missbrauchsversuch kann so heutzutage jedenfalls nicht mehr aufgedeckt werden. Ist der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreichend erschüttert, so darf der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung erst einmal stoppen. Beschäftigte, die Ansprüche auf Entgeltfortzahlung geltend machen, müssen dann beweisen, dass sie wirklich aus gesundheitlichen Gründen ihre berufliche Tätigkeit nicht ausführen können. Dabei wird auch geprüft, ob der Arzt vor Ausstellung der AU korrekt untersucht und nach der ausgeübten Tätigkeit gefragt hat. 

Warum der eAU nicht mehr zu entnehmen ist, wer genau das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, lässt sich nicht aus den einschlägigen Gesetzestexten ableiten. Es gibt zwar in § 109 SGB IV eine Liste von Daten, die Arbeitgebern übermitteln werden soll. Dabei wird die ausstellende Praxis nicht genannt. Die Liste der mitzuteilenden Daten im Gesetzestext ist aber nicht abschließend („insbesondere“). Eine Mitteilung der ausstellenden Praxis wäre damit also vereinbar. Die Krankenkassen hingegen geben die Information über die ausstellende Praxis aus Datenschutzgründen nicht weiter. Das überzeugt nicht. Datenschutz ist immer eine Güterabwägung. Unseres Erachtens haben Arbeitgeber zu Zwecken der Plausibilitätskontrolle ein berechtigtes Interesse daran, die Identität der ausstellenden Praxis zu erfahren. Dieses Interesse überwiegt unseres Erachtens das Interesse der Beschäftigten an der Geheimhaltung der von ihnen aufgesuchten Arztpraxen. 

Unser Anliegen wurde AOK-intern ernst genommen, bis auf Bundesebene weitergetragen und nochmals dem GKV-Spitzenverband vorgelegt. Dort hieß es, die Haltung der Krankenkassen sei Ergebnis von Anhörungen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA), die unsere Position vertraten, und Austauschen mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), die die Gegenansicht vertrat. Wir erhielten die Rückmeldung, dass ein erneuter Vorstoß nur dann zielführend sei, wenn die BDA mit den genannten oder auch weiteren Rechtsgründen die BfDI zu einer anderen Auffassung bringen würde. Uns wurde die Einbringung der Argumentation bei der BDA empfohlen. 

Dem sind wir nachgegangen und haben unserem Dachverband UV Nord die Korrespondenz mit der Bitte um Weiterleitung an die BDA vorgelegt. Die BDA ist im Begriff, ein Positionspapier zum Thema Senkung der Lohnfortzahlungskosten und Bürokratieabbau auszuarbeiten, und wird dort auch die Forderung nach Offenlegung der ausstellenden Praxis behandeln. Wir hoffen, dass es auch zu einem erneuten Austausch der BDA mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) kommen wird. 


Wir lassen nicht locker! Wir werden uns weiterhin für die Interessen unserer Mitglieder einsetzen, das Thema auf höchster Ebene verfolgen und alle Mitglieder über den aktuellen Stand informieren. 


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